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Die geheimnisvolle Kapelle am Hetzennest

Fränkische Presse vom 09/10.12.1961

Eine romantische Kapelle in zehn Meter Tiefe? Bauarbeiter stießen auf weitere, bisher unentdeckte Katakomben am Mistelbach

Bayreuth Katakomben scheinen eine noch weit größere Ausdehnung zu haben als ursprünglich angenommen. Bei Bauarbeiten nördlich der Lotzbeckstraße -oberhalb der Altstadt zwischen dem Mistelbach und der Bahnlinie Altstadt-Mistelbach - stießen Arbeiter auf einen verschütteten Stollen, der den Eingang zu einem weit verzweigten System noch tiefer liegender
unterirdischer Gänge freigab. Das Erstaunlichste an der Entdeckung: rund zehn Meter unter einem Wiesengelände wurde eine kleine Halle gefunden, deren Wände mit Blattrosetten und anderen in den Sandstein gehauenen Ornamenten verziert sind.

Wie überall an der Peripherie der Stadt, wird auch an der Lotzbeckstraße und an der Jakob-Fuchs-Straße eifrig gebaut. Eine an die Fundaminierung einer hier entstehenden Wohnsiedlung gegangen wurde, hatten die Leute vom Bau sich der Vorratskeller erinnert, die am Nordende der St. Nikolaus-Straße - bereits jenseits des Mistelbaches - in den Sandstein
gebrochen sind. Die Möglichkeit, daß sich diese Stellen in Richtung auf die Preuschwitzer Straße zu fortsetzen könnten, war nicht von der Hand zu weisen, zumal sich die alten Einwohner erinnerten, das es hier früher weiterreichende als die heute bekannten Keller gegeben hatte. So wurden zunächst Probebohrungen vorgenommen, die bald zum erwarteten Ergebnis 
fürhten: Die Bohrkrone durchbrach die Decke eines Stollens. Einem Bagger glückte es dann, den Eingang zu diesem Stollen so freizulegen, daß er mit Hilfe einer fünf Meter langen Leiter bestiegen werden konnte.

Dieser künstlich geschaffene Einstieg allerdings liegt noch um mindestens drei Meter über der Höhe der Gänge, die sich nun auftaten. Nach Süden verlaufen sie in Richtung Altstadt, nach Nordosten vier- und fünffach parallel nebeneinander bis zu Sandstein-Zwischenmauern, deren Durchschlupf so eng ist, daß sich nicht einmal Kinder durchzwängen könnten. Teilweise
sind die sauber gehauenen, etwa zwei Meter hohen Sandsteingewölbe an ihrem Zenith schon niedergebrochen, teil versperren richtige Verschüttungen den Weg, die - wie die Anwohner sagen - von Bombenabwürfen des letzen Krieges stammen sollen.

Eine ausgesprochene Überraschung aber bietet sich in etwa zehn Meter Tiefe; ein schmaler Seitengang führt in einen hohen, etwa fünf Meter in der Länge und drei Meter in der Breite messenden Raum, dessen Seitenwände mit rosettenartigen Ornamenten verziert sind. Ihr Ebenmaß verrät, dass hier ein Könner am Werk gewesen sein muss. An der Stirnwand der kleinen Halle aber wachsen teils eckige, teils runde Podeste aus dem Boden hervor, über denen - gleich einem gerahmten Bild - in Mannshöhe ein quadratisches Loch in einen Nachbargang weiterführt. Seine sandsteinerne Umfassung ist an einer Stelle zerstört, sonst gut erhalten. "Wie eine romanische Kapelle wirkt das, sagte ein Kunstkenner, dem das Bild vorgelegt wurde. Mit roter Kreide ist über dem Scheitel der Umfassungslinie die Jahreszahl 1854 geschrieben: doch kann mit Sicherheit angenommen werden, dass sie lange nach der Entstehung dieses Raumes angebracht worden ist.


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